Das Thema Brandschutz zählt zu den subtilen, aber essenziellen Aspekten des Baus, die sich in den letzten Jahrzehnten von Grund auf verändert haben. Ursprünglich wurde er überwiegend mit einzelnen Maßnahmen des Handwerks umgesetzt und unterlag kaum einer Standardisierung. Heute basiert er auf industriell gefertigten Produkten, die mit digitaler Planung modular in Systeme eingebaut werden und damit standardisierte Lösungen bieten. Diese Entwicklung ist gleichzeitig das Produkt unserer wandelnden Welt wie auch ihre Voraussetzung. Denn ohne modernen Brandschutz wären die dichteren Städte und komplexeren Gebäudestrukturen unserer heutigen Zeit kaum vertretbar. Gleichzeitig haben sich die Versicherungs- und Haftungsanforderungen von Grund auf geändert, und ESG-Regulierungen und höhere energetische Anforderungen fordern vom Brandschutz, dass er interdisziplinär aufgesetzt wird. Damit wird er immer mehr zu einem wirtschaftlichen Aspekt des Baus, nicht mehr bloß einem technischen.
Vom traditionellen Handwerk zur industriellen Systemlösung
Früher wurden brandschutzrelevante Details direkt auf der Baustelle gelöst, weshalb sie in ihrer Qualität stark davon abhingen, wie erfahren, gewissenhaft und pfiffig der jeweilige Handwerker war. Selbst bei guter Umsetzung gab es kaum Dokumentation und Nachvollziehbarkeit, sodass eine Versicherungsfirma – hätte sie den Bau damals auf Aspekte des Brandschutzes geprüft – kaum eine Basis zur Analyse gehabt hätte. Gerade, wenn es um Installationsschächte, Durchbrüche und Leitungsabschottungen ging, wurde oftmals einfach improvisiert. Außerdem wurden die Bauteile damals manuell gefügt, was das Risiko für Fehler durchaus in die Höhe treiben konnte. Mit der Industrialisierung setzten sich dann technologische Entwicklungen im Brandschutzbau durch und industriell gefertigte Brandschutzprodukte kamen auf den Markt. Systemfeuerschutzklappen, geprüfte Abschottungssysteme, zertifizierte Manschetten und vorgefertigte Module für Installationsschächte waren nun Teil kompletter Systeme anstatt einzelner Komponenten. So wurden sowohl die Planung als auch die Ausführung standardisiert, wodurch die Reproduzierbarkeit und die Qualität des Brandschutzes auf dem Bau stiegen. Bauherren standen nach und nach immer mehr unter dem Druck, diese Aspekte tatsächlich auf ihren Baustellen umzusetzen. Denn mit stärker regulierten Bauordnungen, europäischen Klassifizierungen und höheren Bußgeldern für mangelhaften Brandschutz wurde die Toleranz immer geringer.
Markt, Risiken und Regulierung als Treiber
Der Markt für Brandschutz ist seit der Industrialisierung merklich explodiert. In Deutschland handelt es sich dabei um einen Milliardenmarkt, denn der Brandschutz wird immer mehr zu einem Teil der Lebenszykluskosten eines Gebäudes. Doch ohne ihn geht es nicht. Kommt es in der Küche, bei Leitungen, elektronischen Geräten oder Batterien zum Brand, verliert die Immobilie oft unmittelbar an Wert. Gerade Gewerbe und Wohnungen sind davon betroffen, weshalb der Versicherungsdruck bei ihnen besonders hoch ist. Regulatorisch sind Brandschutzkonzepte vor allem bei Sonderbauten, Hochhäusern und komplexem Nutzungsmix Pflicht. Die europäische Klassifizierung DIN EN 13501 gibt außerdem eine intensive Dokumentationspflicht vor, bei der auch digitale Nachweise gefordert sind.
Digitale Planung und Sensorik im heutigen Hightech-Brandschutz
Heute können die Brandschutzdaten als eigenes Modell im BIM (Building Information Modeling) vorliegen und damit den gesamten Lebenszyklus eines Bauprojekts informieren. Diese Daten unterstützen die Kollisionsprüfung zwischen Haustechnik und Brandabschnitten, die automatisierte Mengenermittlung und die eindeutige Dokumentation durch alle Projektphasen. Auch IoT (Internet of Things) spielt eine immer größere Rolle beim Thema Brandschutz. Intelligente Rauch- und Wärmemelder können heute per Funk miteinander kommunizieren und vernetzte Gebäudeleitsysteme ermöglichen die Überwachung in Echtzeit. Wird ein Melder abgeschaltet, besteht eine Blockade im Rettungsweg, verändert sich die Temperatur drastisch oder kommt es zum Druckverlust in Löschleitungen – die Sensorik erfasst diese Veränderungen und erkennt eine Störung, bevor sie zum Risiko wird.
Neue Materialien und Bauteile
Doch selbst die Baustoffe haben sich verbessert. Ziegel und Beton sind als nicht brennbare mineralische Baustoffe Gold wert im Brandschutz. Stahl wird mit intumeszierender Beschichtung geschützt und Dämm- und Brandschutzplatten werden inzwischen mit hoher Feuerwiderstandsklasse hergestellt. Dass Holz aufgrund seiner exzellenten CO₂-Effekte aktuell wieder boomt, ist kein Problem. Bekleidungen und Kapselung sorgen dafür, dass Holz mit Systemschichten bis zu 120 Minuten Feuerwiderstand erreichen kann. Und da die Brandschutzdetails inzwischen in der Fabrik umgesetzt werden, kommt es zu weniger Fehlern auf der Baustelle.
Der strategische Brandschutz als Chance
Zwischen dem handwerklich geprägten Brandschutz und den industriell gefertigten, digital geplanten und sensorisch überwachten Lösungen unserer Zeit befindet sich der größte Strukturwechsel im modernen Bauwesen. Wer heute baut, plant den Brandschutz von Anfang an. Und genau aus diesem Grund betrifft das Thema auch Eigentümer, Asset Manager und Projektentwickler, denn sie können mit der richtigen Strategie Risiken minimieren, die Funktionsfähigkeit ihrer Immobilie sichern und dabei langfristig ihren Wert stabilisieren. Mit Innovationen wie KI, stärker vernetzten Systemen und steigenden Anforderungen, was ESG und die europäische Regulierung angeht, bleibt der Brandschutz eine zentrale Säule des modernen Bauwesens.